Mobile Inventur – mit SAP MDE schneller und genauer zählen
Holger Wermke
Beim Thema Inventur wird der Unterschied zwischen papierhaftem Arbeiten mit nachträglicher händischer Eingabe in SAP und der digitalen Datenerfassung per mobilem Endgerät besonders deutlich. Zählungen auf Basis ausgedruckter Zähllisten sind zeitaufwändig, personalintensiv und fehleranfällig. Dagegen erfolgen Scanner-basierte Zählungen in kürzerer Zeit, mit weniger Mitarbeitern und messbarer höherer Zählqualität sprich geringeren Inventurdifferenzen.
Wirtschaftsprüfer vs. Lagerleitung
Noch immer ist die klassische Inventurzählung mit ausgedruckten Inventurbelegen verbreitet, selbst bei Unternehmen, die in anderen Lagerbereichen bereits auf mobile Datenerfassung setzen. Auf die Frage, warum nicht auch die Inventur digital abgebildet wird, kommt nicht selten der Einwand, dass die Wirtschaftsprüfer bzw. das Controlling auf einer papierbasierten Zählung bestehen würden. Hintergrund ist häufig die Sorge, dass das in vielen Unternehmen geforderte 4-Augen-Prinzip durch eine Zählung per Inventur-App nicht erfüllt werden könne.
Für Lager- und Logistikleiter gibt es eine gute Nachricht: Auch Zählungen per App berücksichtigen das 4-Augen-Prinzip. Der Zähler ist durch seine Anmeldung an der App eindeutig identifiziert und kann seine Zählungen mobil abarbeiten. Die Zählergebnisse werden per WLAN in den SAP-Inventurbeleg geschrieben. Der Zählbeleg wiederum wird in einem nachgelagerten Schritt durch einen verantwortlichen Mitarbeiter geprüft und ggf. freigegeben.
RF-Dialog, Fiori-App oder spezialisierte Logistik-App?
Welche MDE-Technologie zum Einsatz kommt, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Aus Sicht der Logistikleitung zählt im Zweifel die Passgenauigkeit und die Akzeptanz durch die Mitarbeiter. Das heißt, die App soll den im Unternehmen gewählten Inventur-Ansatz unterstützen. Überflüssige Dialoge und Eingaben sollten vermieden werden, z. B. durch Einmalabfragen, Vorfilterung von relevanten Lagern oder Lagertypen sowie automatische Vorbelegung von Feldern. Lagermitarbeiter sollten darüber hinaus keine SAP-Experten sein müssen, um die mobile Lösung zu bedienen. Praktisch bedeutet das, dass weniger die SAP-Logik im Vordergrund stehen sollte, als vielmehr ein intuitiver und geführter App-Prozess.
Empfehlung: Zählnummern verwenden
Die Erfahrung zeigt, dass es sinnvoll ist, jede einzelne Zählung eines Materials oder einer Handling Unit eindeutig zu markieren. Das kann in der Praxis beispielsweise über eine Banderole mit fortlaufender Nummerierung erfolgen. So wird der Zählvorgang eindeutig und ist auch physisch dem gezählten Objekt zuzuordnen. Kontrollen lassen sich auf diese Weise einfach durchführen. Alternativ funktioniert die mobile Inventur natürlich auch ohne Zählbeleg.
Voraussetzung für den effizienten Einsatz von Scannern
Eine Grundvoraussetzung für einen optimalen Inventurverlauf ist die Etikettierung von Materialien und ggf. Lagerorten – bei WM- oder EWM-geführten Lagern entsprechend auch der Lagerplätze – mit eindeutigen Barcodes.
Unabhängig, ob die Inventur zum Stichtag durchgeführt wird oder die permanente Inventur gewählt wird, erfolgt die Zählung in der Regel auf Basis von vorab im SAP angelegten Inventurbelegen.
Alternativ kann eine mobile Software wie Ontego bei einer Ad-hoc-Inventur den entsprechenden Zählbeleg auch automatisch im Hintergrund anlegen. Hierbei wird ein Inventurbeleg mit einer definierten Anzahl an Positionen automatisch auf Basis des initial erfassten Lagerortes und der Bestandsart im SAP angelegt.
Beispiel: Inventur im MM-Lagerort
Ein Kranhersteller bildet die Inventur über eine permanente Zählung ab. Gezählt wird ausschließlich frei verfügbarer Bestand inklusive definierter Sonderbestände. Nicht abgebildet, in der mobilen Inventur-App jedoch umgesetzt ist die Erfassung von Serialnummern. Für Serialnummern-pflichtiges Material erfolgt die Zählung über das Erfassen der Nummern (manuell oder per Scan).
Sollte ein Material mehrfach gefunden werden, kann eine kumulierte Zählung zum Einsatz kommen, womit der empfohlenen Zählnummer eine besondere Bedeutung zukommt.
Beispiel: Inventur mit SAP EWM, WM oder Stockroom Management
Der Hersteller von Maschinen für die Leiterplattenproduktion nutzt eine Ontego Lösung für die permanente Inventur am Lagerplatz mit SAP WM. Die Inventurbelege werden vorab im SAP-System angelegt. Pro Zählvorgang sind folgende Daten zu erfassen:
- Material
- Charge (abhängig von der Chargenführung des Materials)
- Menge
- Mengeneinheit (vorbelegt mit WM-Mengeneinheit sofern vorhanden, sonst Basismengeneinheit)
Der Zählvorgang kann für den aktuellen Lagerplatz so lange wiederholt werden, bis alle Lagerquants gezählt wurden. Sollte ein Material gefunden werden, welches sich bisher nicht auf dem Lagerplatz befindet, wird dem Anwender eine Warnmeldung eingeblendet. Jeder Lagerquant kann nur einmal erfasst werden.
Beispiel: Nullkontrolle und Restmengenprüfung
Insbesondere bei der Materialentnahme, z.B. im Zuge der SAP-geführten Kommissionierung bzw. bei Umlagerungen und Auslagerung, können sowohl die Nullkontrolle als auch die Restmengenprüfung in die operativen Prozesse integriert werden.
Ob bzw. wann eine Nullkontrolle bzw. Restmengenprüfung durchgeführt wird, kann von SAP-Standardmechanismen (z.B. Kennzeichen am Transportauftrag) oder von frei definierbaren Kriterien in Ontego abhängig gemacht werden.
Beispiel: Bestandskorrektur
Bei der Bestandskorrektur kann - ohne einen vorher erstellten Inventurbeleg - eine Zählung in einem Lagerort oder auf einem Lagerplatz durchgeführt werden. Üblicherweise erfolgt der Einstieg über die Funktion Bestandsinformation, um ein konkretes Material zu identifizieren.
Die systemseitig bekannte Menge wird angezeigt und kann durch Erfassung der tatsächlich vorhandenen Menge korrigiert werden. Im SAP wird ein entsprechender Inventurbeleg erzeugt und die Bestandsdifferenz gebucht.
Inventurkontrolle vor Buchung in SAP
Insbesondere bei komplexen Zählungen oder mehrstufigen Zählprozessen kann es sinnvoll sein, die Zählergebnisse zunächst in einer Zwischenschicht - außerhalb von SAP – zu speichern. Warum? Über eine solche separate Inventuranwendung - auf Basis des Ontego Lagerleitstandes - lassen sich Zählergebnisse auf Basis der SAP-seitig generierten Inventurbelege sammeln, kontrollieren und so Differenzen aufdecken. Ggf. kann der für die Inventur verantwortliche Mitarbeiter direkt eine Nach- oder Kontrollzählung veranlassen. Erst nach Freigabe der Zählergebnisse im Inventurleitstand erfolgt dann die Buchung in SAP.
Fazit
Scanner-basierte Inventuren führen zu geringeren Inventurdifferenzen und sparen Zeit und Arbeitskraft. Sind die Materialien und ggf. Lagerorte mit Barcodes versehen, kann die Zählung auf der Basis von Inventurbelegen problemlos erfolgen. Ergebnisse werden dann direkt in SAP-Zähllisten zurückgeschrieben. Außerdem können noch vor der Buchung in SAP-Bestandskorrekturen durchgeführt werden.
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