MDE-Vorreiter Brauhaus Faust modernisiert Auslieferlösung
Holger Wermke
Auf Tradition setzen und gleichzeitig Unternehmensprozesse innovativ weiterentwickeln? Das muss kein Widerspruch sein, wie das in vierter Generation geführte Brauhaus Faust zeigt: Bereits vor über 20 Jahren führte Faust als eine der ersten Brauereien den digitalen Lieferschein ein, 2015 setzte man wiederum frühzeitig auf eine Modernisierung. Seitdem nutzen die Bierfahrer eine Ausliefer-App auf Android-Smartphones.
Bayrisches Reinheitsgebot und Innovationsbereitschaft

Schon dreimal wurde das Brauhaus Faust beim Meininger International Craft Beer Award zum „Craft-Brauer des Jahres“ gekürt. Für Geschäftsführer Johannes Faust steht das Reinheitsgebot nach wie vor an erster Stelle, denn damit verspreche man dem Verbraucher, dass wirklich nur die Rohstoffe verwendet werden, die auch darauf verzeichnet sind. Deshalb müsse man auch nicht jeden Trend bedienen, aber durchaus mit der Zeit gehen, wenn man wettbewerbsfähig bleiben wolle: „Dazu gehört auch das Thema Digitalisierung, sowohl in der Produktion als auch in der Verwaltung oder in der Dienstleistung.“
Dieser Unternehmergeist zahlt sich aus. Mittlerweile beschäftigt das Unternehmen 55 Mitarbeiter und Auszubildende, braut 19 Biersorten, mit einem Gesamtausstoß von 65 000 Hektoliter jährlich und vertreibt seine Produkte überwiegend regional, im Online Shop auch deutschlandweit. Neben dem Vertrieb über den Großhandel setzt die Miltenberger Brauerei auch auf den eigenen Fuhrpark.
Einige Fakten zum regionalen Vertrieb von Faust:
- Mehr als 500 direkt belieferte Kunden.
- Aktuell werden 6 LKWs und 1 Transporter in der Auslieferung eingesetzt, die wöchentlich auf durchschnittlich 25 bis 30 Touren unterwegs sind.
- Die Auslieferung erfolgt im Umkreis von 70 km.
- Etwa 70% der Kunden zahlen per Bankeinzug, etwa 5% sind Barzahler.
Pioniere der digitalen Leerguterfassung
Bereits 1998 setzte das Brauhaus Faust auf Digitalisierung in der Auslieferung - zur damaligen Zeit ein absolutes Novum in der Getränkeindustrie. Ziel war es, durch die digitale Archivierung der Lieferscheine die Unternehmensprozesse zu optimieren: „Für uns war damals die Unterstützung des Versandes sehr wichtig gewesen. Wir wollten Fehler minimieren, die Rückerfassung abschaffen. Wir wollten einfach produktiver werden in dem Bereich. Das hat uns angetrieben“, erinnert sich Johannes Faust.
Für uns war damals die Unterstützung des Versandes sehr wichtig gewesen, wir wollten Fehler minimieren, die Rückerfassung abschaffen; wir wollten einfach produktiver werden in dem Bereich.— Johannes Faust, Geschäftsführer Brauhaus Faust
Die Vorteile, Lieferscheine zu digitalisieren und mit einer mobilen Lösung Auslieferungsprozesse zu automatisieren, lagen für den Geschäftsführer daher klar auf der Hand:
- Deutlich reduzierter Papierbedarf.
- Höhere Flexibilität und Schnelligkeit bei der Rückführung des Leerguts.
- Verbuchung der Bareinnahmen direkt auf den Posten.
- Weniger Fehler im gesamten Prozess der Datenerfassung.
- Große Zeitersparnis durch den Wegfall manueller Rückerfassung in der Verwaltung.
Enge Einbeziehung der Fahrer in der MDE-Startphase

Die Einführung der MDE-Lösung verlief dann überaus erfolgreich - „was auch an der Art und Weise lag, wie in der Phase der Anfangsumsetzungen die Fahrer mit eingebunden wurden“, berichtet Andreas Blümel, Leiter für IT und Projekte in der Brauerei. „Ich kann mich an ganz tolle Meetings erinnern, wo ich diverse Geräte mit Testtouren bespielt habe, wir in einem Konferenzraum saßen mit unseren Fahrern und jeder ein Gerät bekommen und verschiedene Aufgaben gestellt bekommen hat und sie lösen sollten.” Daraufhin seien Ideen von Fahrern entstanden und auch Fehler in der Programmierung aufgedeckt worden. “Somit haben sich die Fahrer, denke ich, damals wirklich gut mitgenommen gefühlt.“
Eine weitere Entscheidung in der Einführungsphase stellte sich ebenfalls als Zugewinn heraus: Indem bei der mobilen Lösung die Salden der Barzahler mitübertragen und für die Fahrer sichtbar wurden, konnten sie auch die offenen Posten einsehen und ausbuchen. Dieser Einblick in Prozessdaten hat bei den Fahrern dazu geführt, dass sie diese Prozesse mit in den Blick nehmen und „sich bei mir melden und sagen: ‚Achtung, Kunde XY hat jetzt hier wirklich 1000 Euro offen, darf der das, kann der das? Wie ist das passiert, was ist da los?‘“, ergänzt Blümel. Diese Form von Zutrauen und Verantwortungsübernahme trage dann auch direkt wieder mit zum Unternehmenserfolg bei. Und diese Funktionalität gehört heute zum Standard von Fahrverkaufslösungen.
Flexible Gerätenutzung seit der Modernisierung 2015
Die MDE-Anfangslösung von 1998 war eine Individuallösung, die mit ihrer gerätespezifischen Implementierung schließlich an Grenzen stieß. Der Ersatz defekter Altgeräte gestaltete sich aufgrund mangelnder Verfügbarkeit am Markt immer aufwendiger und kostspieliger. Moderne Geräte und Funktionalitäten konnten nicht genutzt werden.
Deshalb entschied sich das Brauhaus für eine grundlegende Modernisierung seiner mobilen Lösung. In den Jahren 2015 und 2016 wurde dieser Prozess durchgeführt und man entschied sich ganz bewusst für einen Anbieter mit offener Displayprogrammierung, der alle Gerätetypen unterstützt. Die Wahl fiel auf OntegoGL als präferierte Softwarelösung, denn neben dem responsiven Design erfüllte die Lösung auch noch die zweite Anforderung: Eine schon bestehende Schnittstelle zum ERP-System INTEGRA.
Andreas Blümel zeigt sich sichtlich zufrieden mit der neu gewonnen Flexibilität: „Wenn mir jetzt irgendein Smartphone ausfällt, nehme ich einfach irgendein anderes, egal in welcher Größe. Man ist schnell mit dem Aufspielen auf ein neues Gerät und ich kann mir das Gerät aus der neuesten Generation raussuchen, ohne die ganze Serie austauschen zu müssen. Das ist für mich ein ganz großer Vorteil.“ Ausdrücklich vorteilhaft bewertet er zudem die jetzt mögliche Bluetooth-Konnektivität zwischen Smartphone und Drucker.
Ein Blick in die Zukunft
Nach der geglückten Modernisierung zeichnen sich bereits weitere Ansatzpunkte für MDE-Optimierungen ab. Zum einen gilt es die Rücknahme von Leihmaterial im Rahmen der Tourenplanung als Rückholauftrag automatisiert abzuwickeln. Zum anderen können mit einem Routenmanagement-System, das mittels GPS-Trackern die tatsächlichen Standzeiten und Fahrzeiten ausliest, viel genauere Lieferzeitankündigungen gemacht werden - ein nicht zu unterschätzender Wettbewerbsfaktor im umkämpften Kundenmarkt. Auch die dann mögliche datengestützte Routenoptimierung wäre ein weiterer wichtiger Schritt die eigene Innovationstradition weiterzuschreiben und das Brauhaus „langfristig so aufzustellen, dass auch die nächsten Generationen es solide weiterführen können“, so das erklärte Ziel von Johannes Faust.